Meine Reden aus der letzten Plenarsitzung

Elisabeth Kula – Solidarität kann man nicht verbieten, Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen

In seiner 144. Plenarsitzung am 21. September 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Aktuellen Stunde: „Dramatischer Kontrollverlust auf Lampedusa – die Ampel-Bundesregierung und die schwarz-grüne hessische Landesregierung brauchen endlich eine ‚neue Entschlossenheit' bei der Bekämpfung der Masseneinwanderung" Dazu die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Die chaotischen Szenen auf Lampedusa sind eine bewusste Eskalation, aber eine, die vermeidbar gewesen wäre. Die Situation auf der Insel ist unerträglich. Es zeigt einmal wieder die seit Jahren gescheiterte EU-Migrationspolitik. Das Erstaufnahmezentrum, das etwa 400 Menschen aufnehmen kann, ist wieder einmal überfüllt. Am Mittwoch befanden sich dort mindestens 4.000 Menschen. Dass die Kapazitäten vor Ort nicht erweitert werden und schon seit Jahren nicht erweitert wurden, gehört zu der politischen Strategie. Wie schon auf Lesbos werden auf Lampedusa Ressourcen verknappt, um dann solche Bilder, wie wir sie jetzt sehen mussten, zu produzieren. Das spielt dann eben nicht nur Meloni und anderen rechten und faschistischen Kräften in Europa in die Hände, sondern allen, die die weitere Abschottung Europas vorantreiben wollen.

Opfer der Politik der Rechten sind zuvorderst die Menschen, die in Europa Schutz vor Krieg, Vertreibung, Klimakatastrophen oder Armut suchen. So starb vor einer Woche ein fünf Monate altes Baby im Chaos einer Rettungsaktion vor der Insel. Es ist ein notwendiger Akt der Humanität und der Rechtsstaatlichkeit, diese Zustände auf Lampedusa endlich zu beenden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kapazitäten müssen ausgebaut und Geflüchtete schneller nach einem obligatorischen Verteilungsmechanismus verteilt werden können. Diejenigen, die sich aber am meisten dagegen wehren, Geflüchtete aufzunehmen und Italien, Griechenland zu entlasten, sind dann auch diejenigen, die sich über die Zustände und die vielen Menschen, die an den Außengrenzen festsitzen, beschweren. Brüder und Schwestern im Geiste der AfD in Ungarn und Polen sind es doch, die durch ihre Blockade in der EU dazu beitragen, dass die Lager an den EU-Grenzen überfüllt sind.

(Beifall DIE LINKE)

Sich dann hierhin zu stellen und sich zu beklagen, das ist wohlfeil, und das ist auch böswillig, meine Damen und Herren.

(Beifall Jan Schalauske (DIE LINKE))

Wir brauchen in Europa endlich eine tragfähige solidarische und obligatorische Umverteilung von Geflüchteten ab Tag 1 und ein Ende dieser Abschreckungspolitik.

(Beifall DIE LINKE – Dr. Frank Grobe (AfD): Wir haben Dublin!)

Stattdessen erleben wir aktuell einen Überbietungswettbewerb bei Abschottungsrhetorik. Von CDU bis hin zu SPD und GRÜNEN lässt man sich auf die Stichworte von rechts außen ein. Die „taz“ hat das aufgegriffen und titelte gestern mit der Schlagzeile: „Die neue deutsche Abwehrkette“. Nancy Faeser will mehr abschieben und lobt die GEASReform mit Schnellverfahren und noch mehr Grenzlagern als historischen Erfolg. Boris Rhein und die Merz-CDU wollen illegale Migration begrenzen und verschweigen dabei, dass auch sie dafür verantwortlich sind, dass es an legalen Fluchtwegen mangelt. Die GRÜNEN-Vorsitzende Ricarda Lang fordert die FDP auf, für mehr Rückführungsabkommen zu sorgen. Gleichzeitig werden Bäckerlehrlinge aus Hessen abgeschoben und schmutzige Deals mit diktatorischen Machthabern geschlossen, die dazu führen, dass vielleicht weniger Geflüchtete auf dem Mittelmeer ertrinken, aber eben mehr von ihnen in der tunesischen und libyschen Wüste elendig verdursten.

Meine Damen und Herren, wo soll das alles noch hinführen, frage ich Sie. Das ist doch wirklich der komplett falsche Weg.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD: Nehmen Sie sie doch auf!)

Bringt die Aushöhlung von Menschenrechten etwas im Kampf gegen rechts? Wird die AfD aktuell schwächer? Nein, es macht die Rechten noch stärker.

(Zuruf AfD: Vernunft siegt halt!)

Man müsste doch mittlerweile gemerkt haben, dass man sie nicht schwächt, indem man ihre Forderungen übernimmt. Man macht sie damit noch stärker.

(Zuruf AfD: Das ist gut so!)

Die Rechten radikalisieren sich weiter. Bis in die CDU hinein hört man mittlerweile die Forderung nach der Abschaffung des Asylrechts. Bis vor ein paar Jahren hat das nur die NPD und dann die AfD gefordert.

(Robert Lambrou (AfD): Wann haben wir das denn gefordert? Jetzt hören Sie mal auf! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen)

Statt immer mehr Abschottung braucht es eine solidarische Flüchtlingspolitik in der EU. Wissen Sie, warum aktuell so viele Menschen auf Lampedusa ankommen? Weil aktuell so viele zivile Seenotrettungsschiffe, die Menschen vor dem Ertrinken retten, im Mittelmeer unterwegs sind wie nie zuvor. Sie tun das trotz fehlender Gelder unter anderem aus dem deutschen Außenministerium. Das zeigt: Egal, wie viel Sie alle dafür tun, die Mauern um Europa immer höher zu bauen, egal, wie sehr Sie Seenotrettung kriminalisieren, Solidarität kann man nicht verbieten. Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen.

(Beifall DIE LINKE)

Aktuelle Pressemeldungen

Elisabeth Kula – Solidarität kann man nicht verbieten, Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen

In seiner 144. Plenarsitzung am 21. September 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Aktuellen Stunde: „Dramatischer Kontrollverlust auf Lampedusa – die Ampel-Bundesregierung und die schwarz-grüne hessische Landesregierung brauchen endlich eine ‚neue Entschlossenheit' bei der Bekämpfung der Masseneinwanderung" Dazu die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Die chaotischen Szenen auf Lampedusa sind eine bewusste Eskalation, aber eine, die vermeidbar gewesen wäre. Die Situation auf der Insel ist unerträglich. Es zeigt einmal wieder die seit Jahren gescheiterte EU-Migrationspolitik. Das Erstaufnahmezentrum, das etwa 400 Menschen aufnehmen kann, ist wieder einmal überfüllt. Am Mittwoch befanden sich dort mindestens 4.000 Menschen. Dass die Kapazitäten vor Ort nicht erweitert werden und schon seit Jahren nicht erweitert wurden, gehört zu der politischen Strategie. Wie schon auf Lesbos werden auf Lampedusa Ressourcen verknappt, um dann solche Bilder, wie wir sie jetzt sehen mussten, zu produzieren. Das spielt dann eben nicht nur Meloni und anderen rechten und faschistischen Kräften in Europa in die Hände, sondern allen, die die weitere Abschottung Europas vorantreiben wollen.

Opfer der Politik der Rechten sind zuvorderst die Menschen, die in Europa Schutz vor Krieg, Vertreibung, Klimakatastrophen oder Armut suchen. So starb vor einer Woche ein fünf Monate altes Baby im Chaos einer Rettungsaktion vor der Insel. Es ist ein notwendiger Akt der Humanität und der Rechtsstaatlichkeit, diese Zustände auf Lampedusa endlich zu beenden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kapazitäten müssen ausgebaut und Geflüchtete schneller nach einem obligatorischen Verteilungsmechanismus verteilt werden können. Diejenigen, die sich aber am meisten dagegen wehren, Geflüchtete aufzunehmen und Italien, Griechenland zu entlasten, sind dann auch diejenigen, die sich über die Zustände und die vielen Menschen, die an den Außengrenzen festsitzen, beschweren. Brüder und Schwestern im Geiste der AfD in Ungarn und Polen sind es doch, die durch ihre Blockade in der EU dazu beitragen, dass die Lager an den EU-Grenzen überfüllt sind.

(Beifall DIE LINKE)

Sich dann hierhin zu stellen und sich zu beklagen, das ist wohlfeil, und das ist auch böswillig, meine Damen und Herren.

(Beifall Jan Schalauske (DIE LINKE))

Wir brauchen in Europa endlich eine tragfähige solidarische und obligatorische Umverteilung von Geflüchteten ab Tag 1 und ein Ende dieser Abschreckungspolitik.

(Beifall DIE LINKE – Dr. Frank Grobe (AfD): Wir haben Dublin!)

Stattdessen erleben wir aktuell einen Überbietungswettbewerb bei Abschottungsrhetorik. Von CDU bis hin zu SPD und GRÜNEN lässt man sich auf die Stichworte von rechts außen ein. Die „taz“ hat das aufgegriffen und titelte gestern mit der Schlagzeile: „Die neue deutsche Abwehrkette“. Nancy Faeser will mehr abschieben und lobt die GEASReform mit Schnellverfahren und noch mehr Grenzlagern als historischen Erfolg. Boris Rhein und die Merz-CDU wollen illegale Migration begrenzen und verschweigen dabei, dass auch sie dafür verantwortlich sind, dass es an legalen Fluchtwegen mangelt. Die GRÜNEN-Vorsitzende Ricarda Lang fordert die FDP auf, für mehr Rückführungsabkommen zu sorgen. Gleichzeitig werden Bäckerlehrlinge aus Hessen abgeschoben und schmutzige Deals mit diktatorischen Machthabern geschlossen, die dazu führen, dass vielleicht weniger Geflüchtete auf dem Mittelmeer ertrinken, aber eben mehr von ihnen in der tunesischen und libyschen Wüste elendig verdursten.

Meine Damen und Herren, wo soll das alles noch hinführen, frage ich Sie. Das ist doch wirklich der komplett falsche Weg.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD: Nehmen Sie sie doch auf!)

Bringt die Aushöhlung von Menschenrechten etwas im Kampf gegen rechts? Wird die AfD aktuell schwächer? Nein, es macht die Rechten noch stärker.

(Zuruf AfD: Vernunft siegt halt!)

Man müsste doch mittlerweile gemerkt haben, dass man sie nicht schwächt, indem man ihre Forderungen übernimmt. Man macht sie damit noch stärker.

(Zuruf AfD: Das ist gut so!)

Die Rechten radikalisieren sich weiter. Bis in die CDU hinein hört man mittlerweile die Forderung nach der Abschaffung des Asylrechts. Bis vor ein paar Jahren hat das nur die NPD und dann die AfD gefordert.

(Robert Lambrou (AfD): Wann haben wir das denn gefordert? Jetzt hören Sie mal auf! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen)

Statt immer mehr Abschottung braucht es eine solidarische Flüchtlingspolitik in der EU. Wissen Sie, warum aktuell so viele Menschen auf Lampedusa ankommen? Weil aktuell so viele zivile Seenotrettungsschiffe, die Menschen vor dem Ertrinken retten, im Mittelmeer unterwegs sind wie nie zuvor. Sie tun das trotz fehlender Gelder unter anderem aus dem deutschen Außenministerium. Das zeigt: Egal, wie viel Sie alle dafür tun, die Mauern um Europa immer höher zu bauen, egal, wie sehr Sie Seenotrettung kriminalisieren, Solidarität kann man nicht verbieten. Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen.

(Beifall DIE LINKE)

Von Menschenrechten, Papierschiffchen und der Überzeugung zu den Guten zu gehören

Heute fand eine Debatte im Hessischen Landtag statt, die auf vielfältige Art und Weise gesellschaftliche Realitäten, Mehrheitsverhältnisse und Einblicke in politische und psychologische Verarbeitungsprozesse offenlegte. Als Linksfraktion haben wir einen Antrag mit dem Thema der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und der hessischen Flüchtlingspolitik zum Setzpunkt gemacht – schließlich ist Innenministerin Nancy Faeser, die die GEAS-Reform mit vorangebracht hat, auch Spitzenkandidatin der hessischen SPD. Jüngste Abschiebefälle aus Hessen, wie der von Mustafa Kal, dem kurdischstämmigen 19-jährigen Bäckerlehrling im zweiten Lehrjahr, der in den Räumen des Kasseler Rathauses festgenommen und nach Frankfurt zum Flughafen deportiert und abgeschoben worden war, zeigen, dass der Skandal-Innenminister Beuth alle Spielräume ausnutzt, um Geflüchteten das Leben möglichst schwer zu machen.

Auf Europäischer Ebene geht es hauptsächlich um Abschottung und Entrechtung von Geflüchteten, in Hessen darum wie man die Geflüchteten, die es hier her schaffen, wieder los werden kann. Diese Entwicklung hin zur weiteren Aushöhlung des Menschenrechts auf Asyl auf allen politischen Ebenen, auch auf Grund des Aufstiegs der europäischen extremen Rechten, haben wir im Landtag zum Thema gemacht. Die Debatte, die im Landtag zu unserem Setzpunkt folgte, stellt aber einen denkwürdigen parlamentarischen Tiefpunkt dar. Sie zeugte von Unkenntnissen und Leugnungen über die Beschlüsse des Europäischen Rates zur GEAS-Reform und deren Auswirkungen.

Die Redner:innen von SPD und Grünen verbreiteten zum großen Teil die gleichen Desinformationen zu GEAS wie Bundesinnenministerin Faeser und Außenministerin Baerbock.  

So wurde von der SPD-Rednerin behauptet, niemand wolle Menschen in Lager stecken. Der Grünen-Redner, ihr Fraktionsvorsitzener Matthias Wagner, versuchte bemüht nachdenklich zu argumentieren, man habe sich ja schwer getan, und ein historischer Erfolg, wie Faeser die Reform nannte, sei sie nun auch nicht, aber es habe eben eine europäische Reform gebraucht, ansonsten sei ja der Schengenraum und das das europäische Asylsystem generell in Gefahr, deswegen habe dann auch Annalena Baerbock zustimmen müssen. Von beiden Fraktionen kam außerdem die Behauptung, die Bedingungen in den Hotspot-Lagern würden sich durch die Reform verbessern und EU-Staaten würden verpflichtet werden, Geflüchtete aufzunehmen.

Nichts davon stimmt – zumindest fast. Einige Argumente sind nur Schutzbehauptungen oder irreleitend. Die massive Ahnungslosigkeit oder bewusste Desinformation kennt man ansonsten nur von der rechten politischen Seite. Es scheint so als müssten sich die Abgeordneten von SPD und Grünen selbst versichern: Wir sind die Guten! Und: Es kann nicht sein was nicht sein darf! Es ist nicht möglich, dass wir dafür wirklich Verantwortung tragen sollen, dass in Zukunft noch mehr Menschen, auch Kinder, und Geflüchtete aus Kriegsgebieten, in haftähnlichen Bedingungen an den europäischen Außengrenzen eingesperrt werden sollen.

Dabei ist es genau das: ProAsyl, Flüchtlingsrat und andere Expert:innen beten die Folgen der GEAS-Reform seit Wochen rauf und runter. Sie stellt einen Pakt mit den rechten Kräften Europas dar, und ist eine Verschlechterung für die Menschenrechte als der sowieso katastrophale Status-Quo. Mit GEAS werden die Lager und die Schnellverfahren verrechtlicht.

Aber Europäische Gesetzgebung und Europäisches Recht wird von SPD und Grünen nur sehr selektiv wahrgenommen. Dass es jetzt schon Verteilungsmechanismen und Verpflichtungen zur Qualität der Unterbringung in den Hotspots gibt, die aber schlichtweg nicht eingehalten werden, wird ignoriert. Man will sich naiv an den Glauben klammern, dass mit den von ihnen mitgetragenen Reformen es doch irgendwie besser werden muss weil man sich doch jetzt auf bessere Standards geeinigt habe.

Diese Realitätsverweigerung, damit man sich weiterhin zu den Guten zählen kann, ist schwer erträglich und wirft die Frage auf, wann man überhaupt noch faktenbasiert diskutieren kann.

Der Versuch der AfD-Rassist:innen und Chauvinisten, Waffenlieferungen und Fluchtursachen zu kritisieren wird natürlich durch die militaristische und nationalistische Grundhaltung der Partei ad absurdum geführt. Ist es doch die AfD, die die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee umbauen lassen will und gleichzeitig andere Fluchtursachen wie den Klimawandel permanent leugnet.

Perfiderweise hat nicht die braun-blaue AfD den bösartigsten Redebeitrag in der Debatte gehalten, sondern die regierungstragende CDU-Fraktion. Der schlimmste Redebeitrag kam mit Abstand von CDU-Abgeordneten Hering, der in rechtspopulistischer Manier die Einwanderung in die Sozialsysteme durch Geflüchtete beklagte, die Grenzen der Aufnahmekapazität beschwor und die vermeintliche Mehrheitsmeinung der Bevölkerung ins Feld zog, nach der man sich doch richten müsse. Abgesehen davon, dass es auch einen relevanten Teil der Gesellschaft gibt, die Angst vor dem Rechtsruck, vor der Übernahme rechter Inhalte und Politik durch Konservative und die selbsternannte politische Mitte haben, hat diese Rede alle Kriterien einer aufhetzenden und Ressentiment-schürenden Stimmungsmache erfüllt. Die Merz-CDU auf dem strammen Weg nach rechts - auch in Hessen. Die Grünen saßen als Koalitionspartner etwas peinlich berührt daneben – Kontra gab es aber nicht, schließlich will man diese Koalition um jeden Preis bis ans Ende der Legislatur weiterführen. Eine SPD-Abgeordnete wies den CDU-Abgeordneten zur Raison und rügte seine Wortwahl, aber nicht ohne anschließend wieder die gleichen Mythen zur GEAS-Reform zu verbreiten – schließlich sind sie ja die Guten!   

Landespolitische Themen spielten in der Debatte kaum eine Rolle, zu emotional die Diskussion um Asylrecht der EU. Richtig empört wurde der parlamentarische Geschäftsführer der CDU erst dann, als am Ende der Debatte klar wurde, dass die kleinen orangenen Papierschiffchen, die wir gebastelt und vor uns aufgestellt haben, fotografiert und die Fotos ins Internet gestellt wurden. Ein brutaler Angriff auf die Innenministerin sei das. Nun denn – wenn das Aufstellen und Fotografieren von Papierschiffchen als brutaler angesehen wird und für mehr Aufregung sorgt als das massenhafte und bewusste Sterbenlassen von Menschen im Mittelmeer und an Europas Grenzen – dann kann sich die AfD auf die rechte Schulter klopfen. Die Dammbrüche gegen das Recht auf Asyl  und die zunehmende Entrechtung geflüchteter Menschen treiben auch im Hessischen Landtag Blüten. Von der CDU kann man keine Brandmauer erwarten. SPD und Grüne werden den nötigen Realitätscheck bekommen. Nämlich dann wenn sie beklagen, dass noch mehr Menschen auf der Flucht nach Europa ihr Leben lassen mussten.

 

 

 

Aktuelle parlamentarische Initiativen

Elisabeth Kula – Solidarität kann man nicht verbieten, Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen

In seiner 144. Plenarsitzung am 21. September 2023 diskutierte der Hessische Landtag zur Aktuellen Stunde: „Dramatischer Kontrollverlust auf Lampedusa – die Ampel-Bundesregierung und die schwarz-grüne hessische Landesregierung brauchen endlich eine ‚neue Entschlossenheit' bei der Bekämpfung der Masseneinwanderung" Dazu die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Die chaotischen Szenen auf Lampedusa sind eine bewusste Eskalation, aber eine, die vermeidbar gewesen wäre. Die Situation auf der Insel ist unerträglich. Es zeigt einmal wieder die seit Jahren gescheiterte EU-Migrationspolitik. Das Erstaufnahmezentrum, das etwa 400 Menschen aufnehmen kann, ist wieder einmal überfüllt. Am Mittwoch befanden sich dort mindestens 4.000 Menschen. Dass die Kapazitäten vor Ort nicht erweitert werden und schon seit Jahren nicht erweitert wurden, gehört zu der politischen Strategie. Wie schon auf Lesbos werden auf Lampedusa Ressourcen verknappt, um dann solche Bilder, wie wir sie jetzt sehen mussten, zu produzieren. Das spielt dann eben nicht nur Meloni und anderen rechten und faschistischen Kräften in Europa in die Hände, sondern allen, die die weitere Abschottung Europas vorantreiben wollen.

Opfer der Politik der Rechten sind zuvorderst die Menschen, die in Europa Schutz vor Krieg, Vertreibung, Klimakatastrophen oder Armut suchen. So starb vor einer Woche ein fünf Monate altes Baby im Chaos einer Rettungsaktion vor der Insel. Es ist ein notwendiger Akt der Humanität und der Rechtsstaatlichkeit, diese Zustände auf Lampedusa endlich zu beenden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kapazitäten müssen ausgebaut und Geflüchtete schneller nach einem obligatorischen Verteilungsmechanismus verteilt werden können. Diejenigen, die sich aber am meisten dagegen wehren, Geflüchtete aufzunehmen und Italien, Griechenland zu entlasten, sind dann auch diejenigen, die sich über die Zustände und die vielen Menschen, die an den Außengrenzen festsitzen, beschweren. Brüder und Schwestern im Geiste der AfD in Ungarn und Polen sind es doch, die durch ihre Blockade in der EU dazu beitragen, dass die Lager an den EU-Grenzen überfüllt sind.

(Beifall DIE LINKE)

Sich dann hierhin zu stellen und sich zu beklagen, das ist wohlfeil, und das ist auch böswillig, meine Damen und Herren.

(Beifall Jan Schalauske (DIE LINKE))

Wir brauchen in Europa endlich eine tragfähige solidarische und obligatorische Umverteilung von Geflüchteten ab Tag 1 und ein Ende dieser Abschreckungspolitik.

(Beifall DIE LINKE – Dr. Frank Grobe (AfD): Wir haben Dublin!)

Stattdessen erleben wir aktuell einen Überbietungswettbewerb bei Abschottungsrhetorik. Von CDU bis hin zu SPD und GRÜNEN lässt man sich auf die Stichworte von rechts außen ein. Die „taz“ hat das aufgegriffen und titelte gestern mit der Schlagzeile: „Die neue deutsche Abwehrkette“. Nancy Faeser will mehr abschieben und lobt die GEASReform mit Schnellverfahren und noch mehr Grenzlagern als historischen Erfolg. Boris Rhein und die Merz-CDU wollen illegale Migration begrenzen und verschweigen dabei, dass auch sie dafür verantwortlich sind, dass es an legalen Fluchtwegen mangelt. Die GRÜNEN-Vorsitzende Ricarda Lang fordert die FDP auf, für mehr Rückführungsabkommen zu sorgen. Gleichzeitig werden Bäckerlehrlinge aus Hessen abgeschoben und schmutzige Deals mit diktatorischen Machthabern geschlossen, die dazu führen, dass vielleicht weniger Geflüchtete auf dem Mittelmeer ertrinken, aber eben mehr von ihnen in der tunesischen und libyschen Wüste elendig verdursten.

Meine Damen und Herren, wo soll das alles noch hinführen, frage ich Sie. Das ist doch wirklich der komplett falsche Weg.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf AfD: Nehmen Sie sie doch auf!)

Bringt die Aushöhlung von Menschenrechten etwas im Kampf gegen rechts? Wird die AfD aktuell schwächer? Nein, es macht die Rechten noch stärker.

(Zuruf AfD: Vernunft siegt halt!)

Man müsste doch mittlerweile gemerkt haben, dass man sie nicht schwächt, indem man ihre Forderungen übernimmt. Man macht sie damit noch stärker.

(Zuruf AfD: Das ist gut so!)

Die Rechten radikalisieren sich weiter. Bis in die CDU hinein hört man mittlerweile die Forderung nach der Abschaffung des Asylrechts. Bis vor ein paar Jahren hat das nur die NPD und dann die AfD gefordert.

(Robert Lambrou (AfD): Wann haben wir das denn gefordert? Jetzt hören Sie mal auf! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen)

Statt immer mehr Abschottung braucht es eine solidarische Flüchtlingspolitik in der EU. Wissen Sie, warum aktuell so viele Menschen auf Lampedusa ankommen? Weil aktuell so viele zivile Seenotrettungsschiffe, die Menschen vor dem Ertrinken retten, im Mittelmeer unterwegs sind wie nie zuvor. Sie tun das trotz fehlender Gelder unter anderem aus dem deutschen Außenministerium. Das zeigt: Egal, wie viel Sie alle dafür tun, die Mauern um Europa immer höher zu bauen, egal, wie sehr Sie Seenotrettung kriminalisieren, Solidarität kann man nicht verbieten. Solidarität wird am Ende über Hass und Hetze siegen.

(Beifall DIE LINKE)