Reden im Landtag

Elisabeth Kula zum Hessischen Denkmalschutzgesetz

Elisabeth KulaKultur

In seiner 116. Plenarsitzung am 12. Oktober 2022 diskutierte der Hessische Landtag zum Denkmalschutzgesetz. Dazu die Rede von Elisabeth Kula, Vorsitzende und kulturpolitische Sprecherin.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wir diskutieren heute einen Gesetzentwurf der Freien Demokraten, die das Denkmalschutzgesetz so ändern wollen, um es besser mit Klimaschutzmaßnahmen vereinbar zu machen. Das klingt auf den ersten Blick sinnvoll, und so hört man vielerorts immer wieder von Problemen bei Genehmigungen von Fotovoltaikanlagen oder energetischer Sanierung bei denkmalgeschützten Gebäuden. Prominente hessische Beispiele sind etwa die Marburger Solarsatzung – ich habe dort einmal gewohnt – oder eben die neue Frankfurter Altstadt.

Wärmedämmende Maßnahmen oder Solaranlagen sind oft auf den ersten Blick schwierig mit Denkmalschutz zu vereinbaren. So verändern sie das äußere Erscheinungsbild und den Charakter der Denkmäler. Klar ist aber auch: Wir müssen die energetische Sanierung des Gebäudebestands in unseren hessischen Städten beschleunigen, um die Klimaschutzabkommen auch nur annähernd einhalten zu können. Das ist angesichts der vielen Kulturdenkmäler in unserem Bundesland – was ja etwas Schönes ist – eine echte Herausforderung. Allein in Wiesbaden sind 25 % des Gebäudebestands denkmalgeschützt.

Die Freien Demokraten sprechen hier also durchaus ein reales Problem an. Aber ob die Lösung, die sie vorschlagen, wirklich etwas an dem Problem ändern würde, dahinter setze ich doch noch ein paar Fragezeichen. Sie wollen das Denkmalschutzgesetz ändern, indem sie „technische Einrichtungen, die dem Klima- und Ressourcenschutz dienen und das Denkmal nicht in besonderen Maße beeinträchtigen,“ in die Maßnahmen aufnehmen, die durch die Denkmalschutzbehörde genehmigt werden müssen. Allein schon die Formulierungen „technische Einrichtungen“ und „in besonderem Maße“ sind auf der einen Seite sehr konkretistisch und gleichzeitig sehr weit auslegbar. Wenn wir Klarheit schaffen wollen, wann Klimaschutz Vorrang vor Denkmalschutz haben soll – denn das wäre dann ja der Fall –, dann brauchen wir auch klare Formulierungen im Gesetz.

(Beifall DIE LINKE)

Außerdem stehen schon ähnliche Regelungen in dem Denkmalschutzgesetz drin. So ist schon jetzt eine Maßnahme genehmigungspflichtig, „wenn das öffentliche Interesse an der beabsichtigten Maßnahme entgegenstehenden Gründen des Denkmalschutzes überwiegt“; und Klimaschutz ist unbestritten – außer vielleicht ganz rechts außen in diesem Hause – eines der höchsten öffentlichen Interessen.

(Zuruf AfD)

Möglicherweise würde es sich deswegen auch anbieten, eher hier zu konkretisieren und den Klimaschutz an dieser Stelle im Gesetz explizit aufzunehmen. Da bin ich auch gespannt auf die Rückmeldungen der Sachverständigen in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf.

Wichtig ist an dieser Stelle aber auch, darauf hinzuweisen, dass Denkmalschutz und Klimaschutz keine Antipoden sind, sondern dass die Bewahrung und Pflege von Denkmälern nachhaltig und ressourcenschonend ist.

(Vereinzelter Beifall DIE LINKE)

Kulturdenkmäler stehen oft schon seit Jahrhunderten. In der Regel sind sie aus traditionellen, ökologisch verträglichen Baustoffen errichtet. Betrachtet man die Energie- und CO2-Bilanz ganzheitlich, sind denkmalgeschützte Gebäude sogar nachhaltiger als Neubauten. Deswegen ist es auch ein Beitrag zum Klimaschutz, Gebäudebestände zu erhalten und zu pflegen. Deswegen darf Denkmalschutz auch nicht verkürzt betrachtet und gegen energetische Sanierung und den Ausbau erneuerbarer Energien ausgespielt werden. Es geht nur Hand in Hand und nicht gegeneinander.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man wirklich will, dass sich bei der Energiewende und dem Ausbau von Fotovoltaik- und Solaranlagen etwas bewegt, dann ist eine solche Änderung des Denkmalschutzgesetzes auch eher das kleinste Rad, das man drehen kann. Wie steht denn eigentlich die Landesregierung zu einer Solarpflicht auf Neubauten in Hessen? In zehn von 16 Bundesländern gibt es solche Verpflichtungen schon, oder sie sind geplant. Im grün mitregierten Hessen: Schweigen im Walde.

Das Land hat jetzt immerhin eine Solarpflicht für eigene Gebäude beschlossen – wir haben es vorhin schon andiskutiert –, und Schwarz-Grün lobt sich jetzt im Jahr 2022, dafür Gelder in den Haushalt eingestellt zu haben. Ich würde sagen: touché. Aber die Klimaneutralität bis 2045 rückt bei diesem Tempo wirklich in weite Ferne.

Um zum Schluss zu kommen: Die Freien Demokraten beschreiben mit ihrem Gesetzentwurf ein reales Problem. Klima- und Denkmalschutz stehen sich in den Kommunen oft anscheinend unversöhnlich gegenüber. Aber die Vorschläge der FDP scheinen weder die realen Hindernisse bei der energetischen Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden zu beseitigen, noch wird man hier der Relevanz des Denkmalschutzes für Nachhaltigkeit gerecht.

Deswegen sind wir gespannt auf die Anhörung, sind aber zunächst einmal nicht gänzlich von Ihren Vorschlägen überzeugt. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)