Meine Reden aus der letzten Plenarsitzung

Elisabeth Kula: Hessens Kultusminister lässt einzigen schulpolitischen Lichtblick platzen

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 84. Plenarsitzung am 30. September 2021 diskutierte der Hessische Landtag zur besseren Förderung durch kleinere Grundschulklassen. Dazu die Rede unserer jugend- und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wir hatten schon interessante Diskussionen am Pult, die werden Sie sicherlich in Berlin weiter führen, aber vielleicht dann in Ihrer Rolle als Opposition.

Das letzte Jahr wurde an den Schulen von der Corona-Pandemie beherrscht. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II waren über Monate hinweg im Distanzunterricht. Es fehlte an Ausstattung mit Hygieneartikeln.

(Unruhe – Glockenzeichen)

Es gab keine Luftfilter, keine pädagogischen Konzepte für Distanz- und Wechselunterricht, keine digitalen Geräte. Es konnte teilweise nicht gelüftet werden, weil die Fenster kaputt sind. Die Versäumnisse der Landesregierung in der Schulpolitik der letzten Jahre sind nicht mehr zu leugnen. Corona hat sie Ihnen allen schonungslos offengelegt, meine Damen und Herren.

Für Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien waren Wechsel- und Distanzunterricht wegen der beengten Wohnsituation und fehlender Unterstützung besonders schwerwiegend. Es ist jetzt an der Zeit, an den Schulen die Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und die Schulen so auszustatten, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sind und Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist.

Eine Lehre aus der Krise, die wir von vielen Lehrkräften, Eltern und Schülern rückgemeldet bekommen haben, ist, dass die Qualität des Unterrichts im Wechselmodell viel höher war als im Normalzustand an den Schulen. Woran könnte das gelegen haben? Richtig, die Klassen waren im Wechselmodell nur halb so groß. Die Lehrkräfte hatten somit viel mehr Zeit für die individuelle Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Überall wurde das als Entlastung wahrgenommen und als erhebliche Qualitätssteigerung im Unterricht gesehen. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Lorz.

Der Normalzustand ist hingegen oft kaum noch tragbar. Die Klassenteiler für Grundschulen liegen viel zu hoch, und das in der Primarbildung. So viele Kinder, also 25, in einer Klasse oder in einer Gruppe, das ist weder in der Kita noch in der Grundschule sinnvoll.

Gerade in dieser Phase brauchen Kinder Orientierung und Anleitung und beste individuelle Förderung. Auch die Umsetzung von echter Inklusion an den Schulen setzt kleinere Lerngruppen voraus. Gerade in den letzten Jahren, das haben wir gesehen, sind die Bedarfe an Teilhabeassistenz für Schülerinnen und Schüler enorm angestiegen. Das zeigt, welche Herausforderungen und Ansprüche in den Klassen gemeistert werden müssen. Für viele Lehrkräfte ist das bei diesen Klassengrößen eine große Belastung.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie jetzt sagen, dass die Durchschnittsgröße von Grundschulklassen schon unter 20 liege – Frau Anders hat das eben auch gesagt –, dann heißt das aber auch, dass es immer noch viel zu viele Klassen gibt, die deutlich größer sind als eben diese Durchschnittsgröße. Deswegen muss man den Klassenteiler verkleinern; alles andere ist Augenwischerei. Im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Grün die Vorteile kleinerer Lerngruppen erkannt und angekündigt. Umso bitterer für alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, dass gerade dieser Punkt vom Kultusminister jetzt einfach fallen gelassen wird.

Herr Minister Lorz, dass Sie trotz der Erfahrungen der Corona-Krise immer noch auf dem Standpunkt sind, dass es eine rein „subjektive Wahrnehmung“ von Lehrkräften sei, dass kleinere Klassen bessere Förderung mit sich bringen würden, das finde ich, ehrlich gesagt, eine bodenlose Frechheit.

(Beifall DIE LINKE)

Seit Jahren gibt es Tausende Überlastungsanzeigen. Es gibt Kollegen, die verfrüht aus dem Dienst ausscheiden, weil sie schlichtweg nicht mehr können, und andere machen eine Überstunde nach der anderen. Sie stellen sich hin, mitten in einer Pandemiesituation, und sprechen Ihren Lehrkräften ab, das gut einschätzen zu können. Solch eine Politik von oben herab lehnen wir grundsätzlich ab.

(Beifall DIE LINKE)

Die Behauptung des Kultusministers, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass kleinere Klassen bessere Förderung bedeuten, wird nicht wahrer, je häufiger Sie das sagen. Unter anderem hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Belege dafür gefunden. Das DIW steht nicht im Verdacht, eine linke Vorfeldorganisation zu sein. Schaut man einmal Richtung Finnland, dann kann man auch dort die Vorteile von kleinen Lerngruppen, aber auch einer Schule für alle gut beobachten.

Meine Damen und Herren, es ist wirklich bitter, zu beobachten, wie einer der wenigen Lichtblicke aus dem Koalitionsvertrag einfach abgebügelt wird, weil dafür beim CDUMinister der politische Wille und die Bereitschaft, mehr Geld für die Grundschulbildung in die Hand zu nehmen, fehlen. Ich frage mich aber schon: Wo sind denn die GRÜNEN? Es ist doch immer eine Kernforderung der GRÜNEN gewesen. Frau Anders, haben Sie denn wirklich alle politischen Ambitionen in dieser Koalition fallen gelassen? Ich finde das fast peinlich.

(Beifall DIE LINKE)

Bevor gleich das Argument kommt, will ich es selbst vorwegnehmen: Ja, kleine Klassen allein, sie nur zu teilen, bringen nicht automatisch eine bessere Förderung. Es ist aber die Bedingung dafür, dass Lehrkräfte sich auch weiterbilden können, um endlich bessere Binnendifferenzierung und individuelle Förderung machen zu können. Das ist eine Bedingung; das alleine wird es nicht richten. Mit diesen Klassengrößen, die wir haben, mit 25 Schülerinnen und Schülern, kann das in der Realität nicht stattfinden, wie Sie sich das vorstellen. Die Lehrerinnen und Lehrer brauchen Entlastung. Wir brauchen endlich kleinere Klassen an den Grundschulen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Aktuelle Pressemeldungen

Elisabeth Kula: Hessens Kultusminister lässt einzigen schulpolitischen Lichtblick platzen

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 84. Plenarsitzung am 30. September 2021 diskutierte der Hessische Landtag zur besseren Förderung durch kleinere Grundschulklassen. Dazu die Rede unserer jugend- und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wir hatten schon interessante Diskussionen am Pult, die werden Sie sicherlich in Berlin weiter führen, aber vielleicht dann in Ihrer Rolle als Opposition.

Das letzte Jahr wurde an den Schulen von der Corona-Pandemie beherrscht. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II waren über Monate hinweg im Distanzunterricht. Es fehlte an Ausstattung mit Hygieneartikeln.

(Unruhe – Glockenzeichen)

Es gab keine Luftfilter, keine pädagogischen Konzepte für Distanz- und Wechselunterricht, keine digitalen Geräte. Es konnte teilweise nicht gelüftet werden, weil die Fenster kaputt sind. Die Versäumnisse der Landesregierung in der Schulpolitik der letzten Jahre sind nicht mehr zu leugnen. Corona hat sie Ihnen allen schonungslos offengelegt, meine Damen und Herren.

Für Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien waren Wechsel- und Distanzunterricht wegen der beengten Wohnsituation und fehlender Unterstützung besonders schwerwiegend. Es ist jetzt an der Zeit, an den Schulen die Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und die Schulen so auszustatten, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sind und Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist.

Eine Lehre aus der Krise, die wir von vielen Lehrkräften, Eltern und Schülern rückgemeldet bekommen haben, ist, dass die Qualität des Unterrichts im Wechselmodell viel höher war als im Normalzustand an den Schulen. Woran könnte das gelegen haben? Richtig, die Klassen waren im Wechselmodell nur halb so groß. Die Lehrkräfte hatten somit viel mehr Zeit für die individuelle Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Überall wurde das als Entlastung wahrgenommen und als erhebliche Qualitätssteigerung im Unterricht gesehen. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Lorz.

Der Normalzustand ist hingegen oft kaum noch tragbar. Die Klassenteiler für Grundschulen liegen viel zu hoch, und das in der Primarbildung. So viele Kinder, also 25, in einer Klasse oder in einer Gruppe, das ist weder in der Kita noch in der Grundschule sinnvoll.

Gerade in dieser Phase brauchen Kinder Orientierung und Anleitung und beste individuelle Förderung. Auch die Umsetzung von echter Inklusion an den Schulen setzt kleinere Lerngruppen voraus. Gerade in den letzten Jahren, das haben wir gesehen, sind die Bedarfe an Teilhabeassistenz für Schülerinnen und Schüler enorm angestiegen. Das zeigt, welche Herausforderungen und Ansprüche in den Klassen gemeistert werden müssen. Für viele Lehrkräfte ist das bei diesen Klassengrößen eine große Belastung.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie jetzt sagen, dass die Durchschnittsgröße von Grundschulklassen schon unter 20 liege – Frau Anders hat das eben auch gesagt –, dann heißt das aber auch, dass es immer noch viel zu viele Klassen gibt, die deutlich größer sind als eben diese Durchschnittsgröße. Deswegen muss man den Klassenteiler verkleinern; alles andere ist Augenwischerei. Im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Grün die Vorteile kleinerer Lerngruppen erkannt und angekündigt. Umso bitterer für alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, dass gerade dieser Punkt vom Kultusminister jetzt einfach fallen gelassen wird.

Herr Minister Lorz, dass Sie trotz der Erfahrungen der Corona-Krise immer noch auf dem Standpunkt sind, dass es eine rein „subjektive Wahrnehmung“ von Lehrkräften sei, dass kleinere Klassen bessere Förderung mit sich bringen würden, das finde ich, ehrlich gesagt, eine bodenlose Frechheit.

(Beifall DIE LINKE)

Seit Jahren gibt es Tausende Überlastungsanzeigen. Es gibt Kollegen, die verfrüht aus dem Dienst ausscheiden, weil sie schlichtweg nicht mehr können, und andere machen eine Überstunde nach der anderen. Sie stellen sich hin, mitten in einer Pandemiesituation, und sprechen Ihren Lehrkräften ab, das gut einschätzen zu können. Solch eine Politik von oben herab lehnen wir grundsätzlich ab.

(Beifall DIE LINKE)

Die Behauptung des Kultusministers, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass kleinere Klassen bessere Förderung bedeuten, wird nicht wahrer, je häufiger Sie das sagen. Unter anderem hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Belege dafür gefunden. Das DIW steht nicht im Verdacht, eine linke Vorfeldorganisation zu sein. Schaut man einmal Richtung Finnland, dann kann man auch dort die Vorteile von kleinen Lerngruppen, aber auch einer Schule für alle gut beobachten.

Meine Damen und Herren, es ist wirklich bitter, zu beobachten, wie einer der wenigen Lichtblicke aus dem Koalitionsvertrag einfach abgebügelt wird, weil dafür beim CDUMinister der politische Wille und die Bereitschaft, mehr Geld für die Grundschulbildung in die Hand zu nehmen, fehlen. Ich frage mich aber schon: Wo sind denn die GRÜNEN? Es ist doch immer eine Kernforderung der GRÜNEN gewesen. Frau Anders, haben Sie denn wirklich alle politischen Ambitionen in dieser Koalition fallen gelassen? Ich finde das fast peinlich.

(Beifall DIE LINKE)

Bevor gleich das Argument kommt, will ich es selbst vorwegnehmen: Ja, kleine Klassen allein, sie nur zu teilen, bringen nicht automatisch eine bessere Förderung. Es ist aber die Bedingung dafür, dass Lehrkräfte sich auch weiterbilden können, um endlich bessere Binnendifferenzierung und individuelle Förderung machen zu können. Das ist eine Bedingung; das alleine wird es nicht richten. Mit diesen Klassengrößen, die wir haben, mit 25 Schülerinnen und Schülern, kann das in der Realität nicht stattfinden, wie Sie sich das vorstellen. Die Lehrerinnen und Lehrer brauchen Entlastung. Wir brauchen endlich kleinere Klassen an den Grundschulen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Von Menschenrechten, Papierschiffchen und der Überzeugung zu den Guten zu gehören

Heute fand eine Debatte im Hessischen Landtag statt, die auf vielfältige Art und Weise gesellschaftliche Realitäten, Mehrheitsverhältnisse und Einblicke in politische und psychologische Verarbeitungsprozesse offenlegte. Als Linksfraktion haben wir einen Antrag mit dem Thema der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und der hessischen Flüchtlingspolitik zum Setzpunkt gemacht – schließlich ist Innenministerin Nancy Faeser, die die GEAS-Reform mit vorangebracht hat, auch Spitzenkandidatin der hessischen SPD. Jüngste Abschiebefälle aus Hessen, wie der von Mustafa Kal, dem kurdischstämmigen 19-jährigen Bäckerlehrling im zweiten Lehrjahr, der in den Räumen des Kasseler Rathauses festgenommen und nach Frankfurt zum Flughafen deportiert und abgeschoben worden war, zeigen, dass der Skandal-Innenminister Beuth alle Spielräume ausnutzt, um Geflüchteten das Leben möglichst schwer zu machen.

Auf Europäischer Ebene geht es hauptsächlich um Abschottung und Entrechtung von Geflüchteten, in Hessen darum wie man die Geflüchteten, die es hier her schaffen, wieder los werden kann. Diese Entwicklung hin zur weiteren Aushöhlung des Menschenrechts auf Asyl auf allen politischen Ebenen, auch auf Grund des Aufstiegs der europäischen extremen Rechten, haben wir im Landtag zum Thema gemacht. Die Debatte, die im Landtag zu unserem Setzpunkt folgte, stellt aber einen denkwürdigen parlamentarischen Tiefpunkt dar. Sie zeugte von Unkenntnissen und Leugnungen über die Beschlüsse des Europäischen Rates zur GEAS-Reform und deren Auswirkungen.

Die Redner:innen von SPD und Grünen verbreiteten zum großen Teil die gleichen Desinformationen zu GEAS wie Bundesinnenministerin Faeser und Außenministerin Baerbock.  

So wurde von der SPD-Rednerin behauptet, niemand wolle Menschen in Lager stecken. Der Grünen-Redner, ihr Fraktionsvorsitzener Matthias Wagner, versuchte bemüht nachdenklich zu argumentieren, man habe sich ja schwer getan, und ein historischer Erfolg, wie Faeser die Reform nannte, sei sie nun auch nicht, aber es habe eben eine europäische Reform gebraucht, ansonsten sei ja der Schengenraum und das das europäische Asylsystem generell in Gefahr, deswegen habe dann auch Annalena Baerbock zustimmen müssen. Von beiden Fraktionen kam außerdem die Behauptung, die Bedingungen in den Hotspot-Lagern würden sich durch die Reform verbessern und EU-Staaten würden verpflichtet werden, Geflüchtete aufzunehmen.

Nichts davon stimmt – zumindest fast. Einige Argumente sind nur Schutzbehauptungen oder irreleitend. Die massive Ahnungslosigkeit oder bewusste Desinformation kennt man ansonsten nur von der rechten politischen Seite. Es scheint so als müssten sich die Abgeordneten von SPD und Grünen selbst versichern: Wir sind die Guten! Und: Es kann nicht sein was nicht sein darf! Es ist nicht möglich, dass wir dafür wirklich Verantwortung tragen sollen, dass in Zukunft noch mehr Menschen, auch Kinder, und Geflüchtete aus Kriegsgebieten, in haftähnlichen Bedingungen an den europäischen Außengrenzen eingesperrt werden sollen.

Dabei ist es genau das: ProAsyl, Flüchtlingsrat und andere Expert:innen beten die Folgen der GEAS-Reform seit Wochen rauf und runter. Sie stellt einen Pakt mit den rechten Kräften Europas dar, und ist eine Verschlechterung für die Menschenrechte als der sowieso katastrophale Status-Quo. Mit GEAS werden die Lager und die Schnellverfahren verrechtlicht.

Aber Europäische Gesetzgebung und Europäisches Recht wird von SPD und Grünen nur sehr selektiv wahrgenommen. Dass es jetzt schon Verteilungsmechanismen und Verpflichtungen zur Qualität der Unterbringung in den Hotspots gibt, die aber schlichtweg nicht eingehalten werden, wird ignoriert. Man will sich naiv an den Glauben klammern, dass mit den von ihnen mitgetragenen Reformen es doch irgendwie besser werden muss weil man sich doch jetzt auf bessere Standards geeinigt habe.

Diese Realitätsverweigerung, damit man sich weiterhin zu den Guten zählen kann, ist schwer erträglich und wirft die Frage auf, wann man überhaupt noch faktenbasiert diskutieren kann.

Der Versuch der AfD-Rassist:innen und Chauvinisten, Waffenlieferungen und Fluchtursachen zu kritisieren wird natürlich durch die militaristische und nationalistische Grundhaltung der Partei ad absurdum geführt. Ist es doch die AfD, die die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee umbauen lassen will und gleichzeitig andere Fluchtursachen wie den Klimawandel permanent leugnet.

Perfiderweise hat nicht die braun-blaue AfD den bösartigsten Redebeitrag in der Debatte gehalten, sondern die regierungstragende CDU-Fraktion. Der schlimmste Redebeitrag kam mit Abstand von CDU-Abgeordneten Hering, der in rechtspopulistischer Manier die Einwanderung in die Sozialsysteme durch Geflüchtete beklagte, die Grenzen der Aufnahmekapazität beschwor und die vermeintliche Mehrheitsmeinung der Bevölkerung ins Feld zog, nach der man sich doch richten müsse. Abgesehen davon, dass es auch einen relevanten Teil der Gesellschaft gibt, die Angst vor dem Rechtsruck, vor der Übernahme rechter Inhalte und Politik durch Konservative und die selbsternannte politische Mitte haben, hat diese Rede alle Kriterien einer aufhetzenden und Ressentiment-schürenden Stimmungsmache erfüllt. Die Merz-CDU auf dem strammen Weg nach rechts - auch in Hessen. Die Grünen saßen als Koalitionspartner etwas peinlich berührt daneben – Kontra gab es aber nicht, schließlich will man diese Koalition um jeden Preis bis ans Ende der Legislatur weiterführen. Eine SPD-Abgeordnete wies den CDU-Abgeordneten zur Raison und rügte seine Wortwahl, aber nicht ohne anschließend wieder die gleichen Mythen zur GEAS-Reform zu verbreiten – schließlich sind sie ja die Guten!   

Landespolitische Themen spielten in der Debatte kaum eine Rolle, zu emotional die Diskussion um Asylrecht der EU. Richtig empört wurde der parlamentarische Geschäftsführer der CDU erst dann, als am Ende der Debatte klar wurde, dass die kleinen orangenen Papierschiffchen, die wir gebastelt und vor uns aufgestellt haben, fotografiert und die Fotos ins Internet gestellt wurden. Ein brutaler Angriff auf die Innenministerin sei das. Nun denn – wenn das Aufstellen und Fotografieren von Papierschiffchen als brutaler angesehen wird und für mehr Aufregung sorgt als das massenhafte und bewusste Sterbenlassen von Menschen im Mittelmeer und an Europas Grenzen – dann kann sich die AfD auf die rechte Schulter klopfen. Die Dammbrüche gegen das Recht auf Asyl  und die zunehmende Entrechtung geflüchteter Menschen treiben auch im Hessischen Landtag Blüten. Von der CDU kann man keine Brandmauer erwarten. SPD und Grüne werden den nötigen Realitätscheck bekommen. Nämlich dann wenn sie beklagen, dass noch mehr Menschen auf der Flucht nach Europa ihr Leben lassen mussten.

 

 

 

Aktuelle parlamentarische Initiativen

Elisabeth Kula: Hessens Kultusminister lässt einzigen schulpolitischen Lichtblick platzen

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

In seiner 84. Plenarsitzung am 30. September 2021 diskutierte der Hessische Landtag zur besseren Förderung durch kleinere Grundschulklassen. Dazu die Rede unserer jugend- und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wir hatten schon interessante Diskussionen am Pult, die werden Sie sicherlich in Berlin weiter führen, aber vielleicht dann in Ihrer Rolle als Opposition.

Das letzte Jahr wurde an den Schulen von der Corona-Pandemie beherrscht. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II waren über Monate hinweg im Distanzunterricht. Es fehlte an Ausstattung mit Hygieneartikeln.

(Unruhe – Glockenzeichen)

Es gab keine Luftfilter, keine pädagogischen Konzepte für Distanz- und Wechselunterricht, keine digitalen Geräte. Es konnte teilweise nicht gelüftet werden, weil die Fenster kaputt sind. Die Versäumnisse der Landesregierung in der Schulpolitik der letzten Jahre sind nicht mehr zu leugnen. Corona hat sie Ihnen allen schonungslos offengelegt, meine Damen und Herren.

Für Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien waren Wechsel- und Distanzunterricht wegen der beengten Wohnsituation und fehlender Unterstützung besonders schwerwiegend. Es ist jetzt an der Zeit, an den Schulen die Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und die Schulen so auszustatten, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sind und Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist.

Eine Lehre aus der Krise, die wir von vielen Lehrkräften, Eltern und Schülern rückgemeldet bekommen haben, ist, dass die Qualität des Unterrichts im Wechselmodell viel höher war als im Normalzustand an den Schulen. Woran könnte das gelegen haben? Richtig, die Klassen waren im Wechselmodell nur halb so groß. Die Lehrkräfte hatten somit viel mehr Zeit für die individuelle Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Überall wurde das als Entlastung wahrgenommen und als erhebliche Qualitätssteigerung im Unterricht gesehen. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Lorz.

Der Normalzustand ist hingegen oft kaum noch tragbar. Die Klassenteiler für Grundschulen liegen viel zu hoch, und das in der Primarbildung. So viele Kinder, also 25, in einer Klasse oder in einer Gruppe, das ist weder in der Kita noch in der Grundschule sinnvoll.

Gerade in dieser Phase brauchen Kinder Orientierung und Anleitung und beste individuelle Förderung. Auch die Umsetzung von echter Inklusion an den Schulen setzt kleinere Lerngruppen voraus. Gerade in den letzten Jahren, das haben wir gesehen, sind die Bedarfe an Teilhabeassistenz für Schülerinnen und Schüler enorm angestiegen. Das zeigt, welche Herausforderungen und Ansprüche in den Klassen gemeistert werden müssen. Für viele Lehrkräfte ist das bei diesen Klassengrößen eine große Belastung.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie jetzt sagen, dass die Durchschnittsgröße von Grundschulklassen schon unter 20 liege – Frau Anders hat das eben auch gesagt –, dann heißt das aber auch, dass es immer noch viel zu viele Klassen gibt, die deutlich größer sind als eben diese Durchschnittsgröße. Deswegen muss man den Klassenteiler verkleinern; alles andere ist Augenwischerei. Im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Grün die Vorteile kleinerer Lerngruppen erkannt und angekündigt. Umso bitterer für alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, dass gerade dieser Punkt vom Kultusminister jetzt einfach fallen gelassen wird.

Herr Minister Lorz, dass Sie trotz der Erfahrungen der Corona-Krise immer noch auf dem Standpunkt sind, dass es eine rein „subjektive Wahrnehmung“ von Lehrkräften sei, dass kleinere Klassen bessere Förderung mit sich bringen würden, das finde ich, ehrlich gesagt, eine bodenlose Frechheit.

(Beifall DIE LINKE)

Seit Jahren gibt es Tausende Überlastungsanzeigen. Es gibt Kollegen, die verfrüht aus dem Dienst ausscheiden, weil sie schlichtweg nicht mehr können, und andere machen eine Überstunde nach der anderen. Sie stellen sich hin, mitten in einer Pandemiesituation, und sprechen Ihren Lehrkräften ab, das gut einschätzen zu können. Solch eine Politik von oben herab lehnen wir grundsätzlich ab.

(Beifall DIE LINKE)

Die Behauptung des Kultusministers, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass kleinere Klassen bessere Förderung bedeuten, wird nicht wahrer, je häufiger Sie das sagen. Unter anderem hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Belege dafür gefunden. Das DIW steht nicht im Verdacht, eine linke Vorfeldorganisation zu sein. Schaut man einmal Richtung Finnland, dann kann man auch dort die Vorteile von kleinen Lerngruppen, aber auch einer Schule für alle gut beobachten.

Meine Damen und Herren, es ist wirklich bitter, zu beobachten, wie einer der wenigen Lichtblicke aus dem Koalitionsvertrag einfach abgebügelt wird, weil dafür beim CDUMinister der politische Wille und die Bereitschaft, mehr Geld für die Grundschulbildung in die Hand zu nehmen, fehlen. Ich frage mich aber schon: Wo sind denn die GRÜNEN? Es ist doch immer eine Kernforderung der GRÜNEN gewesen. Frau Anders, haben Sie denn wirklich alle politischen Ambitionen in dieser Koalition fallen gelassen? Ich finde das fast peinlich.

(Beifall DIE LINKE)

Bevor gleich das Argument kommt, will ich es selbst vorwegnehmen: Ja, kleine Klassen allein, sie nur zu teilen, bringen nicht automatisch eine bessere Förderung. Es ist aber die Bedingung dafür, dass Lehrkräfte sich auch weiterbilden können, um endlich bessere Binnendifferenzierung und individuelle Förderung machen zu können. Das ist eine Bedingung; das alleine wird es nicht richten. Mit diesen Klassengrößen, die wir haben, mit 25 Schülerinnen und Schülern, kann das in der Realität nicht stattfinden, wie Sie sich das vorstellen. Die Lehrerinnen und Lehrer brauchen Entlastung. Wir brauchen endlich kleinere Klassen an den Grundschulen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)