Meine Reden aus der letzten Plenarsitzung

Elisabeth Kula - Gute Arbeits- & Ausbildungsbedingungen sichern Fachkräfte für frühkindliche Bildung

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und JugendpolitkSoziales

In seiner 135. Plenarsitzung am 25.05.23 diskutierte der Hessische Landtag in einer aktuellen Stunde der LINKEN zur Situation in den Kitas. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitische Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Der Notstand in den Kitas in Hessen ist allgegenwärtig. Hunderte Kitas haben die Öffnungszeiten dauerhaft verkürzt. Zehntausende Eltern fürchten Tag für Tag das Vibrieren des Handys wegen kurzfristiger Erkrankungen des Personals, sodass die Kinder wieder einmal früher abgeholt werden müssen. Für viele andere Eltern sind das aber noch Luxusprobleme, weil sie trotz eines Rechtsanspruchs gar keinen Kita-Platz finden. Die verbliebenen Fachkräfte der frühkindlichen Bildung in den Kitas, die Erzieherinnen und Erzieher, die bei den aktuellen Zuständen noch durchhalten, gehen vollkommen auf dem Zahnfleisch und fragen sich Tag für Tag, wie lange sie sich das noch antun wollen.

In dieser Situation gibt Frau Anders von den GRÜNEN in der vergangenen Woche am Tag der Kinderbetreuung eine Pressemitteilung heraus, wie hervorragend SchwarzGrün die Kitas in Hessen aufgestellt habe. Da frage ich mich schon: Merken denn die die Regierung tragenden Fraktionen eigentlich noch irgendetwas? So viel Realitätsverweigerung hält man doch kaum aus, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

DIE LINKE stellt sich der Realität in den Kitas. Wir sprechen mit der Praxis. Unser heutiger Antrag ist das Ergebnis eines Fachgesprächs meiner Landtagsfraktion. Er fußt auf Vorschlägen, die Erzieherinnen und Erzieher, Vertreterinnen und Vertreter von Kita-Trägern, Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, Eltern und Gewerkschaften auf dieser Tagung gemeinsam erarbeitet haben.

Aus der Praxis kommen vielfältige Verbesserungsvorschläge, beginnend bei der Ausbildung. Die Vertreterinnen und Vertreter der Fachschulen für Sozialwesen haben übereinstimmend erklärt, dass sie gerne mehr Ausbildungsplätze schaffen würden, wenn es nur genügend Lehrkräfte gäbe. Hessen bildet aber an keiner einzigen Hochschule im Lehramt Sozialpädagogik aus. Auch erfahrene Erzieherinnen und Erzieher, die nicht mehr im Kinderdienst arbeiten wollen oder können, treffen auf enorme Hürden, wenn sie als Lehrkraft ihr Erfahrungswissen an die nächste Generation weitergeben möchten. Kultusminister Lorz hält aber keine Veränderung für notwendig. Sie graben den beruflichen Schulen das Wasser ab und wundern sich dann über das Fehlen pädagogischer Fachkräfte. So geht es nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wichtigste sind aber bessere Arbeitsbedingungen an den Kitas. Dabei geht es z. B. um die Frage des Gesundheitsschutzes, etwa vor Lärm. Wer schon einmal einen Nachmittag lang einen Kindergeburtstag ausgerichtet hat, kann sich zumindest grob vorstellen, was Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas fünf Tage in der Woche aushalten müssen. Was da helfen könnte, sind z. B. schallschluckende Decken, wie sie in vielen neuen Kitas eingebaut sind, die aber in Bestandsgebäuden weiterhin fehlen und von vielen Trägern auch nicht nachgerüstet werden können, weil das Geld dafür fehlt. Ein Landesinvestitionsprogramm für den Lärmschutz in Kitas wäre wirklich eine zukunftsweisende politische Entscheidung.

(Beifall DIE LINKE)

Ein zweites Beispiel. Warum fördert das Land nicht für jede Kita mindestens eine Hauswirtschaftskraft und eine Verwaltungskraft zur Entlastung des Fachpersonals von nicht pädagogischen Aufgaben? Um das klarzustellen: natürlich zusätzlich und nicht, wie bei Ihnen leider zu erwarten war, als Teil des Fachkräfteschlüssels. Das fordern die Träger schon seit Jahren, und die Landesregierung macht nichts.

Drittens gilt für die meisten Erzieherinnen und Erzieher: einmal Erzieherin bzw. Erzieher, immer Erzieherin bzw. Erzieher. Neben der Übernahme der Kita-Leitung gibt es nur sehr wenige Karrieremöglichkeiten. Wenn bei den Kolleginnen und Kollegen im Alter von 50 Jahren aufwärts der Rücken schmerzt und sie nicht mehr den ganzen Tag auf Spielteppichen sitzen können oder wollen, ziehen die meisten von ihnen die Reißleine und verlassen die Einrichtungen. Damit geht nicht nur Personal, sondern auch ganz viel Wissen verloren.

Das Deutsche Jugendinstitut schlägt deshalb vor, dass wir in den Kitas Fachkarrieren einführen. Es empfiehlt beispielsweise, Fachkräfte für sprachliche Bildung, Fachkräfte für Inklusion, Fachkräfte für Kinder in Armutslagen sowie Fachkräfte für die Praxisanleitung einzuführen. Auch das wären zukunftsweisende Schritte, um die Attraktivität des Berufsfeldes zu steigern.

(Beifall DIE LINKE)

Mit Blick auf die Uhr will ich es bei diesen Beispielen belassen. In unserem Antrag finden Sie zahlreiche weitere konkrete Punkte, über die wir im Sozialausschuss weiter diskutieren können.

Aber um es auch an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, wobei ich in Richtung CDU schaue: Die Art und Weise, wie Sie – insbesondere der Generalsekretär der Hessen-CDU, Herr Pentz, der jetzt leider nicht anwesend ist;

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Manfred ist heute Morgen umworben!) so sehr interessiert er sich für Kitas – sich vor zwei Wochen in den sozialen Netzwerken gegenüber einer hessischen Kita geäußert haben, ist, wie man leider so deutlich sagen muss, an Niedertracht kaum zu überbieten.

(Beifall DIE LINKE)

Statt den rechten Kulturkampf wegen Muttertagsbasteleien zu befeuern, haben Sie sich als CDU in Hessen darum zu kümmern, dass sich die Bedingungen in den Kitas endlich verbessern. Sie regieren seit über 20 Jahren in Hessen und tragen eine Verantwortung für den Notstand in unseren Bildungseinrichtungen. Sie haben den Erzieherinnen und Erziehern, die jeden Tag alles geben, um Ihre politischen Versäumnisse aufzufangen, keine pädagogischen Tipps vom rechten Rand zu geben. Übernehmen Sie die Verantwortung, stellen Sie sich der Situation in den Kitas, und unterstützen Sie vor allem endlich die Erzieherinnen und Erzieher.

(Beifall DIE LINKE)

Aktuelle Pressemeldungen

Elisabeth Kula - Gute Arbeits- & Ausbildungsbedingungen sichern Fachkräfte für frühkindliche Bildung

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und JugendpolitkSoziales

In seiner 135. Plenarsitzung am 25.05.23 diskutierte der Hessische Landtag in einer aktuellen Stunde der LINKEN zur Situation in den Kitas. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitische Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Der Notstand in den Kitas in Hessen ist allgegenwärtig. Hunderte Kitas haben die Öffnungszeiten dauerhaft verkürzt. Zehntausende Eltern fürchten Tag für Tag das Vibrieren des Handys wegen kurzfristiger Erkrankungen des Personals, sodass die Kinder wieder einmal früher abgeholt werden müssen. Für viele andere Eltern sind das aber noch Luxusprobleme, weil sie trotz eines Rechtsanspruchs gar keinen Kita-Platz finden. Die verbliebenen Fachkräfte der frühkindlichen Bildung in den Kitas, die Erzieherinnen und Erzieher, die bei den aktuellen Zuständen noch durchhalten, gehen vollkommen auf dem Zahnfleisch und fragen sich Tag für Tag, wie lange sie sich das noch antun wollen.

In dieser Situation gibt Frau Anders von den GRÜNEN in der vergangenen Woche am Tag der Kinderbetreuung eine Pressemitteilung heraus, wie hervorragend SchwarzGrün die Kitas in Hessen aufgestellt habe. Da frage ich mich schon: Merken denn die die Regierung tragenden Fraktionen eigentlich noch irgendetwas? So viel Realitätsverweigerung hält man doch kaum aus, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

DIE LINKE stellt sich der Realität in den Kitas. Wir sprechen mit der Praxis. Unser heutiger Antrag ist das Ergebnis eines Fachgesprächs meiner Landtagsfraktion. Er fußt auf Vorschlägen, die Erzieherinnen und Erzieher, Vertreterinnen und Vertreter von Kita-Trägern, Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, Eltern und Gewerkschaften auf dieser Tagung gemeinsam erarbeitet haben.

Aus der Praxis kommen vielfältige Verbesserungsvorschläge, beginnend bei der Ausbildung. Die Vertreterinnen und Vertreter der Fachschulen für Sozialwesen haben übereinstimmend erklärt, dass sie gerne mehr Ausbildungsplätze schaffen würden, wenn es nur genügend Lehrkräfte gäbe. Hessen bildet aber an keiner einzigen Hochschule im Lehramt Sozialpädagogik aus. Auch erfahrene Erzieherinnen und Erzieher, die nicht mehr im Kinderdienst arbeiten wollen oder können, treffen auf enorme Hürden, wenn sie als Lehrkraft ihr Erfahrungswissen an die nächste Generation weitergeben möchten. Kultusminister Lorz hält aber keine Veränderung für notwendig. Sie graben den beruflichen Schulen das Wasser ab und wundern sich dann über das Fehlen pädagogischer Fachkräfte. So geht es nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wichtigste sind aber bessere Arbeitsbedingungen an den Kitas. Dabei geht es z. B. um die Frage des Gesundheitsschutzes, etwa vor Lärm. Wer schon einmal einen Nachmittag lang einen Kindergeburtstag ausgerichtet hat, kann sich zumindest grob vorstellen, was Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas fünf Tage in der Woche aushalten müssen. Was da helfen könnte, sind z. B. schallschluckende Decken, wie sie in vielen neuen Kitas eingebaut sind, die aber in Bestandsgebäuden weiterhin fehlen und von vielen Trägern auch nicht nachgerüstet werden können, weil das Geld dafür fehlt. Ein Landesinvestitionsprogramm für den Lärmschutz in Kitas wäre wirklich eine zukunftsweisende politische Entscheidung.

(Beifall DIE LINKE)

Ein zweites Beispiel. Warum fördert das Land nicht für jede Kita mindestens eine Hauswirtschaftskraft und eine Verwaltungskraft zur Entlastung des Fachpersonals von nicht pädagogischen Aufgaben? Um das klarzustellen: natürlich zusätzlich und nicht, wie bei Ihnen leider zu erwarten war, als Teil des Fachkräfteschlüssels. Das fordern die Träger schon seit Jahren, und die Landesregierung macht nichts.

Drittens gilt für die meisten Erzieherinnen und Erzieher: einmal Erzieherin bzw. Erzieher, immer Erzieherin bzw. Erzieher. Neben der Übernahme der Kita-Leitung gibt es nur sehr wenige Karrieremöglichkeiten. Wenn bei den Kolleginnen und Kollegen im Alter von 50 Jahren aufwärts der Rücken schmerzt und sie nicht mehr den ganzen Tag auf Spielteppichen sitzen können oder wollen, ziehen die meisten von ihnen die Reißleine und verlassen die Einrichtungen. Damit geht nicht nur Personal, sondern auch ganz viel Wissen verloren.

Das Deutsche Jugendinstitut schlägt deshalb vor, dass wir in den Kitas Fachkarrieren einführen. Es empfiehlt beispielsweise, Fachkräfte für sprachliche Bildung, Fachkräfte für Inklusion, Fachkräfte für Kinder in Armutslagen sowie Fachkräfte für die Praxisanleitung einzuführen. Auch das wären zukunftsweisende Schritte, um die Attraktivität des Berufsfeldes zu steigern.

(Beifall DIE LINKE)

Mit Blick auf die Uhr will ich es bei diesen Beispielen belassen. In unserem Antrag finden Sie zahlreiche weitere konkrete Punkte, über die wir im Sozialausschuss weiter diskutieren können.

Aber um es auch an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, wobei ich in Richtung CDU schaue: Die Art und Weise, wie Sie – insbesondere der Generalsekretär der Hessen-CDU, Herr Pentz, der jetzt leider nicht anwesend ist;

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Manfred ist heute Morgen umworben!) so sehr interessiert er sich für Kitas – sich vor zwei Wochen in den sozialen Netzwerken gegenüber einer hessischen Kita geäußert haben, ist, wie man leider so deutlich sagen muss, an Niedertracht kaum zu überbieten.

(Beifall DIE LINKE)

Statt den rechten Kulturkampf wegen Muttertagsbasteleien zu befeuern, haben Sie sich als CDU in Hessen darum zu kümmern, dass sich die Bedingungen in den Kitas endlich verbessern. Sie regieren seit über 20 Jahren in Hessen und tragen eine Verantwortung für den Notstand in unseren Bildungseinrichtungen. Sie haben den Erzieherinnen und Erziehern, die jeden Tag alles geben, um Ihre politischen Versäumnisse aufzufangen, keine pädagogischen Tipps vom rechten Rand zu geben. Übernehmen Sie die Verantwortung, stellen Sie sich der Situation in den Kitas, und unterstützen Sie vor allem endlich die Erzieherinnen und Erzieher.

(Beifall DIE LINKE)

Von Menschenrechten, Papierschiffchen und der Überzeugung zu den Guten zu gehören

Heute fand eine Debatte im Hessischen Landtag statt, die auf vielfältige Art und Weise gesellschaftliche Realitäten, Mehrheitsverhältnisse und Einblicke in politische und psychologische Verarbeitungsprozesse offenlegte. Als Linksfraktion haben wir einen Antrag mit dem Thema der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und der hessischen Flüchtlingspolitik zum Setzpunkt gemacht – schließlich ist Innenministerin Nancy Faeser, die die GEAS-Reform mit vorangebracht hat, auch Spitzenkandidatin der hessischen SPD. Jüngste Abschiebefälle aus Hessen, wie der von Mustafa Kal, dem kurdischstämmigen 19-jährigen Bäckerlehrling im zweiten Lehrjahr, der in den Räumen des Kasseler Rathauses festgenommen und nach Frankfurt zum Flughafen deportiert und abgeschoben worden war, zeigen, dass der Skandal-Innenminister Beuth alle Spielräume ausnutzt, um Geflüchteten das Leben möglichst schwer zu machen.

Auf Europäischer Ebene geht es hauptsächlich um Abschottung und Entrechtung von Geflüchteten, in Hessen darum wie man die Geflüchteten, die es hier her schaffen, wieder los werden kann. Diese Entwicklung hin zur weiteren Aushöhlung des Menschenrechts auf Asyl auf allen politischen Ebenen, auch auf Grund des Aufstiegs der europäischen extremen Rechten, haben wir im Landtag zum Thema gemacht. Die Debatte, die im Landtag zu unserem Setzpunkt folgte, stellt aber einen denkwürdigen parlamentarischen Tiefpunkt dar. Sie zeugte von Unkenntnissen und Leugnungen über die Beschlüsse des Europäischen Rates zur GEAS-Reform und deren Auswirkungen.

Die Redner:innen von SPD und Grünen verbreiteten zum großen Teil die gleichen Desinformationen zu GEAS wie Bundesinnenministerin Faeser und Außenministerin Baerbock.  

So wurde von der SPD-Rednerin behauptet, niemand wolle Menschen in Lager stecken. Der Grünen-Redner, ihr Fraktionsvorsitzener Matthias Wagner, versuchte bemüht nachdenklich zu argumentieren, man habe sich ja schwer getan, und ein historischer Erfolg, wie Faeser die Reform nannte, sei sie nun auch nicht, aber es habe eben eine europäische Reform gebraucht, ansonsten sei ja der Schengenraum und das das europäische Asylsystem generell in Gefahr, deswegen habe dann auch Annalena Baerbock zustimmen müssen. Von beiden Fraktionen kam außerdem die Behauptung, die Bedingungen in den Hotspot-Lagern würden sich durch die Reform verbessern und EU-Staaten würden verpflichtet werden, Geflüchtete aufzunehmen.

Nichts davon stimmt – zumindest fast. Einige Argumente sind nur Schutzbehauptungen oder irreleitend. Die massive Ahnungslosigkeit oder bewusste Desinformation kennt man ansonsten nur von der rechten politischen Seite. Es scheint so als müssten sich die Abgeordneten von SPD und Grünen selbst versichern: Wir sind die Guten! Und: Es kann nicht sein was nicht sein darf! Es ist nicht möglich, dass wir dafür wirklich Verantwortung tragen sollen, dass in Zukunft noch mehr Menschen, auch Kinder, und Geflüchtete aus Kriegsgebieten, in haftähnlichen Bedingungen an den europäischen Außengrenzen eingesperrt werden sollen.

Dabei ist es genau das: ProAsyl, Flüchtlingsrat und andere Expert:innen beten die Folgen der GEAS-Reform seit Wochen rauf und runter. Sie stellt einen Pakt mit den rechten Kräften Europas dar, und ist eine Verschlechterung für die Menschenrechte als der sowieso katastrophale Status-Quo. Mit GEAS werden die Lager und die Schnellverfahren verrechtlicht.

Aber Europäische Gesetzgebung und Europäisches Recht wird von SPD und Grünen nur sehr selektiv wahrgenommen. Dass es jetzt schon Verteilungsmechanismen und Verpflichtungen zur Qualität der Unterbringung in den Hotspots gibt, die aber schlichtweg nicht eingehalten werden, wird ignoriert. Man will sich naiv an den Glauben klammern, dass mit den von ihnen mitgetragenen Reformen es doch irgendwie besser werden muss weil man sich doch jetzt auf bessere Standards geeinigt habe.

Diese Realitätsverweigerung, damit man sich weiterhin zu den Guten zählen kann, ist schwer erträglich und wirft die Frage auf, wann man überhaupt noch faktenbasiert diskutieren kann.

Der Versuch der AfD-Rassist:innen und Chauvinisten, Waffenlieferungen und Fluchtursachen zu kritisieren wird natürlich durch die militaristische und nationalistische Grundhaltung der Partei ad absurdum geführt. Ist es doch die AfD, die die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee umbauen lassen will und gleichzeitig andere Fluchtursachen wie den Klimawandel permanent leugnet.

Perfiderweise hat nicht die braun-blaue AfD den bösartigsten Redebeitrag in der Debatte gehalten, sondern die regierungstragende CDU-Fraktion. Der schlimmste Redebeitrag kam mit Abstand von CDU-Abgeordneten Hering, der in rechtspopulistischer Manier die Einwanderung in die Sozialsysteme durch Geflüchtete beklagte, die Grenzen der Aufnahmekapazität beschwor und die vermeintliche Mehrheitsmeinung der Bevölkerung ins Feld zog, nach der man sich doch richten müsse. Abgesehen davon, dass es auch einen relevanten Teil der Gesellschaft gibt, die Angst vor dem Rechtsruck, vor der Übernahme rechter Inhalte und Politik durch Konservative und die selbsternannte politische Mitte haben, hat diese Rede alle Kriterien einer aufhetzenden und Ressentiment-schürenden Stimmungsmache erfüllt. Die Merz-CDU auf dem strammen Weg nach rechts - auch in Hessen. Die Grünen saßen als Koalitionspartner etwas peinlich berührt daneben – Kontra gab es aber nicht, schließlich will man diese Koalition um jeden Preis bis ans Ende der Legislatur weiterführen. Eine SPD-Abgeordnete wies den CDU-Abgeordneten zur Raison und rügte seine Wortwahl, aber nicht ohne anschließend wieder die gleichen Mythen zur GEAS-Reform zu verbreiten – schließlich sind sie ja die Guten!   

Landespolitische Themen spielten in der Debatte kaum eine Rolle, zu emotional die Diskussion um Asylrecht der EU. Richtig empört wurde der parlamentarische Geschäftsführer der CDU erst dann, als am Ende der Debatte klar wurde, dass die kleinen orangenen Papierschiffchen, die wir gebastelt und vor uns aufgestellt haben, fotografiert und die Fotos ins Internet gestellt wurden. Ein brutaler Angriff auf die Innenministerin sei das. Nun denn – wenn das Aufstellen und Fotografieren von Papierschiffchen als brutaler angesehen wird und für mehr Aufregung sorgt als das massenhafte und bewusste Sterbenlassen von Menschen im Mittelmeer und an Europas Grenzen – dann kann sich die AfD auf die rechte Schulter klopfen. Die Dammbrüche gegen das Recht auf Asyl  und die zunehmende Entrechtung geflüchteter Menschen treiben auch im Hessischen Landtag Blüten. Von der CDU kann man keine Brandmauer erwarten. SPD und Grüne werden den nötigen Realitätscheck bekommen. Nämlich dann wenn sie beklagen, dass noch mehr Menschen auf der Flucht nach Europa ihr Leben lassen mussten.

 

 

 

Aktuelle parlamentarische Initiativen

Elisabeth Kula - Gute Arbeits- & Ausbildungsbedingungen sichern Fachkräfte für frühkindliche Bildung

Elisabeth KulaBildungFamilien-, Kinder- und JugendpolitkSoziales

In seiner 135. Plenarsitzung am 25.05.23 diskutierte der Hessische Landtag in einer aktuellen Stunde der LINKEN zur Situation in den Kitas. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitische Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

Der Notstand in den Kitas in Hessen ist allgegenwärtig. Hunderte Kitas haben die Öffnungszeiten dauerhaft verkürzt. Zehntausende Eltern fürchten Tag für Tag das Vibrieren des Handys wegen kurzfristiger Erkrankungen des Personals, sodass die Kinder wieder einmal früher abgeholt werden müssen. Für viele andere Eltern sind das aber noch Luxusprobleme, weil sie trotz eines Rechtsanspruchs gar keinen Kita-Platz finden. Die verbliebenen Fachkräfte der frühkindlichen Bildung in den Kitas, die Erzieherinnen und Erzieher, die bei den aktuellen Zuständen noch durchhalten, gehen vollkommen auf dem Zahnfleisch und fragen sich Tag für Tag, wie lange sie sich das noch antun wollen.

In dieser Situation gibt Frau Anders von den GRÜNEN in der vergangenen Woche am Tag der Kinderbetreuung eine Pressemitteilung heraus, wie hervorragend SchwarzGrün die Kitas in Hessen aufgestellt habe. Da frage ich mich schon: Merken denn die die Regierung tragenden Fraktionen eigentlich noch irgendetwas? So viel Realitätsverweigerung hält man doch kaum aus, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

DIE LINKE stellt sich der Realität in den Kitas. Wir sprechen mit der Praxis. Unser heutiger Antrag ist das Ergebnis eines Fachgesprächs meiner Landtagsfraktion. Er fußt auf Vorschlägen, die Erzieherinnen und Erzieher, Vertreterinnen und Vertreter von Kita-Trägern, Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, Eltern und Gewerkschaften auf dieser Tagung gemeinsam erarbeitet haben.

Aus der Praxis kommen vielfältige Verbesserungsvorschläge, beginnend bei der Ausbildung. Die Vertreterinnen und Vertreter der Fachschulen für Sozialwesen haben übereinstimmend erklärt, dass sie gerne mehr Ausbildungsplätze schaffen würden, wenn es nur genügend Lehrkräfte gäbe. Hessen bildet aber an keiner einzigen Hochschule im Lehramt Sozialpädagogik aus. Auch erfahrene Erzieherinnen und Erzieher, die nicht mehr im Kinderdienst arbeiten wollen oder können, treffen auf enorme Hürden, wenn sie als Lehrkraft ihr Erfahrungswissen an die nächste Generation weitergeben möchten. Kultusminister Lorz hält aber keine Veränderung für notwendig. Sie graben den beruflichen Schulen das Wasser ab und wundern sich dann über das Fehlen pädagogischer Fachkräfte. So geht es nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wichtigste sind aber bessere Arbeitsbedingungen an den Kitas. Dabei geht es z. B. um die Frage des Gesundheitsschutzes, etwa vor Lärm. Wer schon einmal einen Nachmittag lang einen Kindergeburtstag ausgerichtet hat, kann sich zumindest grob vorstellen, was Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas fünf Tage in der Woche aushalten müssen. Was da helfen könnte, sind z. B. schallschluckende Decken, wie sie in vielen neuen Kitas eingebaut sind, die aber in Bestandsgebäuden weiterhin fehlen und von vielen Trägern auch nicht nachgerüstet werden können, weil das Geld dafür fehlt. Ein Landesinvestitionsprogramm für den Lärmschutz in Kitas wäre wirklich eine zukunftsweisende politische Entscheidung.

(Beifall DIE LINKE)

Ein zweites Beispiel. Warum fördert das Land nicht für jede Kita mindestens eine Hauswirtschaftskraft und eine Verwaltungskraft zur Entlastung des Fachpersonals von nicht pädagogischen Aufgaben? Um das klarzustellen: natürlich zusätzlich und nicht, wie bei Ihnen leider zu erwarten war, als Teil des Fachkräfteschlüssels. Das fordern die Träger schon seit Jahren, und die Landesregierung macht nichts.

Drittens gilt für die meisten Erzieherinnen und Erzieher: einmal Erzieherin bzw. Erzieher, immer Erzieherin bzw. Erzieher. Neben der Übernahme der Kita-Leitung gibt es nur sehr wenige Karrieremöglichkeiten. Wenn bei den Kolleginnen und Kollegen im Alter von 50 Jahren aufwärts der Rücken schmerzt und sie nicht mehr den ganzen Tag auf Spielteppichen sitzen können oder wollen, ziehen die meisten von ihnen die Reißleine und verlassen die Einrichtungen. Damit geht nicht nur Personal, sondern auch ganz viel Wissen verloren.

Das Deutsche Jugendinstitut schlägt deshalb vor, dass wir in den Kitas Fachkarrieren einführen. Es empfiehlt beispielsweise, Fachkräfte für sprachliche Bildung, Fachkräfte für Inklusion, Fachkräfte für Kinder in Armutslagen sowie Fachkräfte für die Praxisanleitung einzuführen. Auch das wären zukunftsweisende Schritte, um die Attraktivität des Berufsfeldes zu steigern.

(Beifall DIE LINKE)

Mit Blick auf die Uhr will ich es bei diesen Beispielen belassen. In unserem Antrag finden Sie zahlreiche weitere konkrete Punkte, über die wir im Sozialausschuss weiter diskutieren können.

Aber um es auch an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, wobei ich in Richtung CDU schaue: Die Art und Weise, wie Sie – insbesondere der Generalsekretär der Hessen-CDU, Herr Pentz, der jetzt leider nicht anwesend ist;

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Manfred ist heute Morgen umworben!) so sehr interessiert er sich für Kitas – sich vor zwei Wochen in den sozialen Netzwerken gegenüber einer hessischen Kita geäußert haben, ist, wie man leider so deutlich sagen muss, an Niedertracht kaum zu überbieten.

(Beifall DIE LINKE)

Statt den rechten Kulturkampf wegen Muttertagsbasteleien zu befeuern, haben Sie sich als CDU in Hessen darum zu kümmern, dass sich die Bedingungen in den Kitas endlich verbessern. Sie regieren seit über 20 Jahren in Hessen und tragen eine Verantwortung für den Notstand in unseren Bildungseinrichtungen. Sie haben den Erzieherinnen und Erziehern, die jeden Tag alles geben, um Ihre politischen Versäumnisse aufzufangen, keine pädagogischen Tipps vom rechten Rand zu geben. Übernehmen Sie die Verantwortung, stellen Sie sich der Situation in den Kitas, und unterstützen Sie vor allem endlich die Erzieherinnen und Erzieher.

(Beifall DIE LINKE)